Trainer Stephan Lux im Interview

Nach elf Jahren beim HSV Hannover ist Stephan Lux seit dem 1. Juli zurück beim Oberligisten MTV Großenheidorn. Mittelfristig möchte er die Rückkehr in die dritte Liga schaffen Im Interview spricht der neue Trainer über die Arbeit der ersten Wochen und seine Ziele mit dem Verein.

Stephan Lux, die ersten sieben Wochen der Vorbereitung sind vorbei. Wie fühlt sich es sich für Sie mit der neuen Mannschaft an?

Schon sehr vertraut, muss ich sagen. Mit Großenheidorn habe ich mich schließlich beschäftigt, seitdem ich im Oktober die Zusage gegeben habe. Außerdem bin ich schon zehn Wochen da. Wir haben am 8. Juni mit dem Krafttraining begonnen. Wir haben einen bereits ganz akzeptablen Fitnessstand erreicht und sind auch handballerisch vorangekommen. Aber ich weiß nicht, wo wir stehen. Da ich die Oberliga nicht kenne, fehlt mir die Bezugsgröße und die Vergleichbarkeit. Wir haben in jedem Fall noch viel Arbeit vor uns.

Was macht die Schwierigkeit aus? Haben die Spieler eines Oberligisten eine andere Mentalität?

Nein! Die Jungs sind ehrgeizig, sehr wissbegierig und ziehen toll mit. In der Deckung müssen wir zulegen, da stimmt die Absprache noch nicht. Wir versuchen, eine gemeinsame Basis zum Abwehrspiel zu finden, jeder Spieler muss um seine Aufgabe und Verantwortung für die Nachbarposition wissen. Ich maße mir nicht an zu sagen, dass mit mir alles besser wird. Das wird die Saison zeigen. Aber ich versuche, einen strukturierten Handball zu spielen.

Das schien in der vergangenen Saison im Positionsangriff zu fehlen. Jedenfalls hatte die Mannschaft dort Probleme…

Ich habe alle Spiele auf Video gesehen und analysiert. Mein Eindruck ist: Man hat sich zu sehr auf Einzelpersonen verlassen. Sei es auf Maurice Nolte oder, dass Niki Hermann mal einen raushaut. Beide können die Rolle als Lenker mit Julius Bausch ausfüllen. Vor allem Niki trifft viele richtige Entscheidungen, aber der Anspruch muss sein, es als Gruppe zu lösen.

Sie waren zuletzt elf Jahre Trainer in der dritten Liga und arbeiten jetzt in der Oberliga. Wo ist der Unterschied?

Von den Umfängen trainiere ich in der Vorbereitung wie in der dritten Liga und erwarte, dass sich die Spieler daran gewöhnen. Aber natürlich versuche ich, die Inhalte anzupassen.

Ihre Philosophie haben Sie beim Sponsorentreffen im Juli vorgestellt. Wie bewältigt die Mannschaft das Pensum? Fitnesstrainer Sven Goslar nimmt die Spieler ordentlich ran.

Die Jungs waren zwischendurch am Limit und kleinere Verletzungen kamen dazu. Vor allem Thorben Buhre (nach seinem zweiten Kreuzbandriss, die Redaktion) muss beißen. Aber die Arbeit mit Goslar hat allen geholfen. Es waren Veränderungen für die Jungs, dafür haben wir auf das normale Ausdauerlaufen verzichtet und setzen auf Tabata (Hochintensives Intervalltraining, benannt nach dem japanischen Professor Izumi Tabata). Außerdem macht Sven viel Mobilisation und Stabilisation für die Verletzungsprofilaxe. Dem kommt bei der zu erwartenden hohen Belastung während der Saison eine große Bedeutung zu.

In der Vorbereitung sind drei A-Jugendlichen dabei. Wie sehen Sie den Nachwuchsbereich aufgestellt?

Unser Jugendkoordinator Alexander Wenzel von der GIW Meerhandball ist sehr engagiert und leistet gute Arbeit. Die A-Jugendlichen Cedric Sievert, Jan Reinfeld und Micha Herschel machen Hoffnung für die Zukunft. Sie werden im Training auch während der Saison eine Rolle spielen.

Welche Rolle spielt die Jugendarbeit für den MTV, um das Ziel dritte Liga zu erreichen?

Angesichts unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten hat es natürlich übergeordnete Bedeutung, eigene Spieler zu entwickeln. Vor allem unsere A-Jugend ist gefordert. Man kann nicht zufrieden sein, nur in der Oberliga zu spielen. Maurice Nolte, Jakob Appel, Luca Ritter, Florian Degner, Finn Knobloch und Jannik Deseniss entstammen der Mannschaft, die in der Saison 2015/16 in der A-Jugend-Bundesliga gespielt hat. Die wieder zu erreichen, muss unser Ziel sein.

Die Mannschaft hat einen kleinen Umbruch hinter sich. Sie gehen mit drei sehr jungen Torhütern in die Saison. Ein mutiger Ansatz, oder?

Das ist richtig, zumal es für mich eine zentrale Position auf dem Spielfeld ist. Der Dreikampf schürt den Konkurrenzkampf und ich hoffe, dass sich darüber die Leistung ergibt. Durch René Schröpfers Rückzug haben wir Erfahrung verloren, aber es war seine Entscheidung, die ich respektiere. Am Ende ist jung oder alt egal, die Leistung zählt. Wir haben 17 Spieler im Kader und jeder hat seine Chance. Bei dem engen Spielplan der Oberliga werden wir alle brauchen.

Wie viele Puzzleteile werden zum Saisonstart schon passen?

Das ist ein Blick in die Glaskugel. Die Mannschaft hat ungefähr verstanden, was ich möchte und ist bereit, den Weg zu gehen. Aufgrund des Altersdurchschnitts (22,75 Jahre) hat sie ein großes Entwicklungspotenzial. Immerhin spielt beim Fußball Jahrgang 1997 in der Mannschaft alt. Aber Ende müssen natürlich die Ergebnisse stimmen.

Bis zum ersten Spiel sind es noch lange sechs Wochen. Trotzdem die Frage: Was ist Ihr Saisonziel?

Wichtig wird sein, die Mannschaft zu konsolidieren. Es gilt, eine Basis zu finden, auf der wir Handball spielen und den 60 Minuten durchzuhalten. Mit den SF Söhre haben wir einen klaren Favoriten in der Liga, dahinter staut es sich. Dass wir nicht Zehnter werden wollen, ist klar.

Sie sind in Großenheidorn angetreten, um mittelfristig wieder dritte Liga zu spielen. Was muss sich dafür im Umfeld der Mannschaft noch tun?

Wir haben gute Strukturen und viele Leute, die helfen. Deren Verbindung ist aber noch nicht ideal. Viele Dinge laufen deshalb nicht rund. Ein Beispiel: Wenn ich möchte, dass ein Spieler zum Arzt geht, ist das bisher recht umständlich, weil die Entscheidungskette noch recht lang ist. Jonathan Semisch hatte seit Januar Rückenprobleme. Wenn das im Juni nicht besprochen oder behoben ist, ist es unbefriedigend. Das müssen wir künftig besser lösen, aber ich bin optimistisch. Ein großes unbestelltes Feld ist unsere Medienpräsenz. Die ist vorsichtig gesagt „ausbaufähig“.

Wie bewerten Sie das Sponsorenkonzept?

Da ist der Verein sehr gut aufgestellt und soweit ich das beurteilen kann, auch besser als die meisten Oberligisten. Beim Sponsorentreffen habe ich jedenfalls viele positive Rückmeldungen bekommen. Das Interesse ist groß.

Wie sehen Sie den Umzug nach Wunstorf? Ihr Traum ist es, das Einzugsgebiet sogar noch zu vergrößern.

Der Umzug in die Aue-Halle war wichtig für die Entwicklung des Vereins, auch wenn die Halle in Heidorn ihren Charme hat. Langfristig ist es mein Wunsch, Neustadt und Wunstorf für diese Mannschaft zu gewinnen. Das handballerische Fanpotenzial in Neustadt zu erschließen, wäre eine Aufgabe für die Zukunft. Die Basketballer der Shooters zeigen, dass Sport auf hohem Niveau funktioniert und welche Begeisterung dafür möglich ist. Zum Einstieg ist es eine Idee ein Spiel – vielleicht gegen Nienburg – in Neustadt auszutragen, um sich zu präsentieren. Aber man muss das sehr behutsam angehen, denn der MTV muss seine Identität behalten.

Das Interview führte: Uwe Serreck, HAZ/NP

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